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Horst Gauss | |
| Oscars Glück und UntergangDer Tragödie erster Teil ... Es war im Frühjahr 1983 ! Der CSC Frankfurt hatte sich zu Hessens stärksten Boxverein empor geschwungen und Spitzenboxer, wie die Gebrüder Gertel, Harald Künstler und Dieter Holm trainierten bei Trainer Olaf Rausch in Sachsenhausen im Wasserweg 30. Doch auch der Nachwuchs kam nicht zu kurz und so war jeden Donnerstagabend Training für Anfänger. Die Sportschule betritt ein Junge aus Kenia, der unbedingt den Boxsport erlernen möchte. Kein Problem, beim CSC ist das möglich. Probleme mit Ausländern kennt man nicht, dort wird jeder Junge voll integriert. Auch der Kenianer mit dem klangvollen Namen Oscar Kipkoeck Cherocong nimmt am Unterricht teil. Doch im Gegensatz zu den meisten Negern, die fast alle sehr beweglich sind und das Boxhandwerk sehr schnell lernen, bei "Littie Oscar" will es nicht klappen. Oscar hat kolossale Koordinationsschwierigkeiten. Der Sommer rann dahin, und längst hatten die anderen Jungs, die mit Oscar zur selben Zeit anfingen, den Grundkursus bestanden und wurden von den Trainern Bernhard und Rausch zur weiteren Ausbildung übernommen. Doch Oscar, der kleine Kenianer wollte es einfach nicht kapieren, wie man eine linke Gerade schlägt. Noch nach 4 Monaten schwingerte er durch die Gegend und hatte beim Sparring ein Herz wie ein Hase. Dafür war er aber Weltmeister im Duschen. Denn kaum war das Training beendet, ging Oscar zu seiner Lieblingsbeschäftigung über, und das war das ausgiebig lange Duschen mit einem fröhlichen afrikanischen Gesang. Freilich motzten die anderen Boxer, dass sie so lange warten mussten, doch Little Oscar störte das wenig und irgendwie konnte ihm auch keiner böse sein, denn Oscar hatte sich zum CSC - Maskottchen gemausert, und so hatte er eine gewisse Narrenfreiheit. Auch ausgiebiges saunieren war eine von Oscars Lieblingsbeschäftigungen, besonders wenn man dafür nicht zu zahlen brauchte. Und Oscar, der kleine arme Student (der noch nie eine Universität von innen gesehen hatte) brauchte natürlich beim CSC nicht zu zahlen. Doch irgendwann musste auch Oscar mal Farbe bekennen. So ging es jedenfalls nicht mit ihm weiter. Denn, dass er das Boxen niemals lernen würde, das war allen klar, die ihn einmal mit Boxhandschuhen an den Händen sahen, und da die CSC - Sportschule sowieso zu klein war, musste ihm irgendwie klar gemacht werden, dass es für ihn wohl besser sei wenn er sich einer anderen Sportart zuwenden würde. Doch "Little Oscar" wurde immer toller. Er wollte jetzt unbedingt beim nächsten Anfängerturnier mitboxen und so kam es, dass Oskar im Dezember 1983 in Neu Isenburg im Ring stand. Sein Gegner hatte ebenfalls noch keinen Kampf, so dass die Chancen gleich waren. Oscars erster Kampf (Krampf), er boxte im Federgewicht, das ist die Klasse bis zu 57 Kilo, dauerte nur 20 Sekunden, dann war Oscars Amateur - Karriere beendet. Gleich nach dem Eröffnungsgong schlug sein Gegner eine leichte linke Gerade, die Little Oscar am Kopf erwischte. Oscar hüpfte, Hände und Füße von sich werfend und sah aus wie ein springender Ziegenbock, der von einer Biene in den Allerwertesten gestochen worden war. Dann ließ er sich zu Boden fallen, streckte sich aus und ließ sich auszählen. Das war natürlich kein Ruhmesblatt und sicherlich hatte nun auch Oscar eingesehen, dass er für diesen Sport nicht so richtig taugte. Am darauffolgenden Donnerstag kam "Little Oscar" noch einmal zum Training, verabschiedete sich mit Tränen in den Augen von seinen Kameraden und allen wurde ein wenig lau im Magen, denn alle mochten „Little Oscar“ , auch wenn er viel duschte und saunierte. Jeder dachte, dass Oscar nun einsichtig geworden wäre, dass er zum Boxen nicht tauge. Doch welche Überraschung. Oscar verkündete beim Abschied, dass er nun wisse, wo seine Fehler liegen und , dass er jetzt Profi - Boxer werden wolle um viel Geld zu verdienen.... . Der Tragödie zweiter Teil... Festhalle Frankfurt! Es ist der 5. März 1984, also nur wenige Monate nach Oscar´s tränenreichem Abschied vom CSC Frankfurt. Rene Weller will Europameister werden. Der Kampf gegen den Italiener Lucio Cusma steht bevor und mehr als 6000 Zuschauer sorgen für eine prickelnde Atmosphäre, wie sie eben nur bei Großveranstaltungen dieser Art zu spüren ist. Natürlich gehört dazu auch ein passendes Rahmenprogramm, und der erste Vorkampf mit dem ehemaligen CSC - Boxer Darco Celinger brachte auch hervorragenden Sport. Dann kam der zweite Vorkampf und Theo Hauser, ebenfalls ehemaliger CSC – Boxer, gab sein Profi - Debut. Sein Gegner, groß vom Ringsprecher angekündigt, Sie werden es kaum glauben, war unser kleiner Oscar Kipkoeck Cherocong, der vor wenigen Monaten der CSC – Sportschule wegen Untauglichkeit für den Amateur – Boxsport den Rücken gekehrt hatte. "Cheeeroookoooong... " so überschlug sich, wie bei Profis üblich, die Stimme des Ringsprechers. Natürlich staunten seine ehemaligen Trainingskameraden nicht schlecht, die alle zum Weller – Kampf gekommen waren. Wie sich Oscar da unten bewegte und wie es überhaupt möglich war, das man in so kurzer Zeit Berufsboxer werden konnte, das war erstaunlich und bewundernswert. Das " Cheeeeroookooong " schien Oscar sogar zu beflügeln, so locker und leicht wirkte er. Hatten sie beim CSC vielleicht doch den falschen Trainer ? Oscar hatte einen riesigen Auftritt. Von Scheinwerfern angestrahlt tänzelte er, die Hände auf die Schultern seines Trainers gelegt zum Ring . Es mögen 100 Meter von der Umkleidekabine zum Ring gewesen sein, aber diese 100 Meter legte Oscar so bravourös zurück, besser hätte es auch ein Bubi Scholz oder ein Rene´ Weller nicht gekonnt. Seine ehemaligen CSC – Kameraden jubelten ihm nun zu, sie sahen wohl allmählich ein, dass sie sich in Oscar getäuscht hatten und waren nun bereit ihm Abbitte zu tun. „Oscar, Oscar“ klang es aus vielen Kehlen. Dieser Oscar schien in wenigen Monaten eine Riesen – Karriere gemacht zu haben. Ja, wäre er doch noch einer der ihren, so geisterte es durch so manchen Kopf seiner ehemaligen Trainingskameraden. Auf jeden Fall erkannten alle, dass dieser Festhallenauftritt doch eine ganz andere Welt war als so ein steriles Anfängerturnier. Und alle hatten doch irgendwie von solch einer Karriere als Berufsboxer und von solch einem Auftritt geträumt. Oscar war am Ring angekommen, löste sich galant von seinem Trainer und kletterte profihaft die Treppen zum Ring empor. Im Ring vollführte er einen wahren Freudentanz, dreimal drehte er sich um seine eigene Achse, die rechte Faust zum Siegeszeichen erhoben und warf Kusshände in die Menge. Und wie toll der Junge aussah. Ein langer goldener Bademantel, eine Kapuze umhüllte sein stolzes Haupt. Ja, das war Oscars Welt, hier fühlte er sich wohl, hier war er jemand, kein Niemand wie beim Anfängerturnier in Neu Isenburg, wo man ihn auslachte. Das war eben eine andere Welt, die Welt der Berufsboxer, und dafür schien Oscar geboren. Auch seinen Kameraden kamen nun erhebliche Zweifel. Auch sie wollten unbedingt einmal solch einen Auftritt erleben, einmal diesen Freudentanz im Ring unter dem Jubel der Zuschauer vollführen. Fürwahr ein Traum ! Doch wo sollte Oscar so schnell das Boxen gelernt haben, vor drei Monaten war er doch noch ein untalentierter blutiger Anfänger! Da musste wirklich ein großer Trainer Wundertaten vollbracht haben. Doch jetzt haute es dem Fass den Boden raus ! Der Ringsprecher Herbert Kranz stellte Oscar als dreifachen keniatischen Meister mit über 300 Amateurkämpfen vor. Unglaublich! Die CSC - Zuschauer, die ihn kannten, kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wie hatten sie sich doch in diesem Oscar getäuscht ! Ein ehemaliger Trainingskamerad meinte sogar, dass man Oscar vielleicht zurück holen könne um von ihm einiges zu lernen. Dann ließ Oscar den Bademantel fallen, es war ein regelrechtes Ritual, wie es nun mal bei Profis so üblich ist. Sein Körper glänzte von Öl und Schweiß. Man konnte sogar glauben, dass er eine gute Figur hätte. Früher in der CSC – Sportschule sah er immer so mickrich aus, aber hier in der Festhalle wirkte er ganz anders. Eine wunderschöne seidene schwarze Hose hatte "Little Oscar" an. Ja, sogar die Werbung der Firma Portas prangte in großen Lettern auf dem Prachtstück. Fürwahr, Oscar wirkte wie ein richtig großer Berufsboxer. Seine Show war perfekt. In der anderen Ecke stand Theo Hauser und schaute ein wenig skeptisch dem Treiben in der anderen Ecke zu. Sollte dieser Neger gleich in seinem ersten Kampf für ihn zum Stolperstein werden ? Schon läutete der Gong die erste Runde ein, und Oscar Kipkoeck Cherocong startete seine Laufbahn als Berufsboxer. Gut sah "Little Oscar" aus, wie er da herumtänzeite, da mußte einiges dahinter stecken. Beide Boxer taten sich nichts, hatten Respekt voreinander, ein leichtes Geplänkel, bis die Zuschauer zu pfeifen anfingen. Endlich nach zwei Minute Nichtstun und lächerlichem Herumtänzeln beider Boxer langte Hauser einmal mit einer leichten linken Gerade hin und traf Oscar ein wenig am Kopf. Oscar schüttelte sich, als wäre er von einer Tarantel gestochen worden und wurde natürlich sofort von dem erstaunten Ringrichter Kurt Strör angezählt. Zum ersten Male hörte Oscar Kipkoeck Cherocong in seiner Profi – Karriere das " Einmaleins " des Ringrichters. Kaum war der Kampf wieder frei gegeben, schlug Theo erneut eine Linke zum Kopf von Oscar, diesmal aber ein wenig fester. Unter dem Gejohle und Gelächter der Zuschauer knickte Oscar nach hinten gebeugt auf wackeligen Beinen zusammen und sah aus wie eine angeschossene Hirschkuh, die langsam zu Boden sackte. Da kam der befreiende Gong. Die Zuschauer amüsierten sich köstlich und für "Little Oscar" schien die so heile Profi - Welt wohl nicht mehr so in Ordnung. Seine angeblichen 300 Kämpfe als Amateur, seine drei keniatischen Meisterschaften, sein Traum vom großen Geld, dies alles schien jetzt zu zerrinnen. Den Gong zur zweiten Runde erlebte er noch, doch nach dem ersten Schlag, der in durchschüttelte, hatte der Ringrichter ein Einsehen und brach den Kampf ab. Der Kampf wurde nach dieser undiskutablen Leistung nicht einmal im Kampfpass eingetragen. Er lief halt unter "missglückter Versuch". "Little Oscar" hüllte sich ganz tief in seinen weißen Bademantel, damit ihn keiner mehr erkennen konnte, kein Tänzeln, keine Kusshändchen, alles vorbei. Wie ein geprügelter Hund schlich sich "Little Oscar" aus dem Ring. Sein Traum war ausgeträumt, die Bretter, die für ihn die Weit bedeuten sollten, waren brüchig gewesen. "Little Oscar" wurde nach diesem spektakulären Profi - Auftritt nie wieder gesehen. Einen Rekord hatte "Oscar Kipkoeck Cherocong" trotzdem aufgestellt. Sicherlich hatte noch nie ein Boxer zwei solch kurze Karrieren, sowohl im Amateur, als auch im Profilager hinter sich gebracht. 20 Sekunden bei den Amateuren, und etwas mehr als 3 Minuten im Profilager, Ein Eintrag im Guiness - Buch der Rekorde ist angesagt. Und sicherlich wäre es bei "Little Oscar" auch möglich, daß er eines Tages in der Sportschule im Wasserweg auftaucht, um ein"Come Back" anzustreben. PS: der Rekord von Little Oskar muss korrekterweise korrigiert werden. Am 20.10.1984 stand Little Oskar, diesmal unter dem abgekürzten Namen "Oskar Kipcock" doch noch einmal in einem korrekten Profikampf im Ring. In Salzufflen boxte er gegen Rene´Weller, dem er kurzrundig durch Abbruch unterlag. |
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